Rundgang durch die Obermühle Polling
Dieser virtuelle Rundgang führt durch die Getreidemühle in Polling bei Weilheim in Oberbayern im Jahr 2014.
Ich habe diese Mühle ausgeählt, weil sie eine der wenigen, produzierenden Handwerksmühlen ist, vorallem aber auch, weil es eine sagenhaft schöne Kunstmühle ist .
Denn auf meiner Suche nach der Idealen Mühle ist die Obermühle Polling eine der Mühlen, welche vom Bau und Aufbau her dazu zählt, aber der Antrieb der Anlagen leider nicht passt.
Trotzdem möchte ich nicht versäumen, Euch diese tolle Mühle vorzustellen
Die Mühle geht auf einen uralten Mühlenstandort zurück, der noch heute existiert. Die Geschichte erzählt, daß der Urvater der heutigen Mühle als Geselle auf die Wanderschaft ging - in seinem Abschied aber klar machte, daß wenn einer der Mühlenstandorte in Polling zu veräussern wäre, er sofort zu informieren sei. So kam es, daß drei Standorte fast zeitgleich zum Verlkauf standen und daher die Entscheidung auf den Standort der Obermühle viel, weil diese hier beste Wasserkraft hatte.
Dies ist in Polling nachvollziehbar, denn die Innerorts gelegene Klostermühle ist ebenfalls noch in Betrieb, so daß man gut beide Wasserkraftanlagen vergleichen kann.
Beide Anlagen dienen heute der Stromerzeugung, so daß man gut an der erzeugten Energie die Anlagen vergleichen kann. Beide Anlagen verfügen zudem über die gleiche Wasserkraftmaschine, so daß es auch hier keine Unterscheide gibt. Zwar hat die Klostermühle eine stehende Francis-Turbine mit einem großen Läufer, hingegen die Obermühle eine liegende Turbine mit einem schneller drehende Läufer hat, doch alles in allem sind die Anlagen vergleichbar. Bei der Klostermühle fallen nur rund 5 kW an, hingegen die Obermühle 25 kW an der Turbine abgreifen kann.
Man sieht daher nur zu deutlich, warum sich der Urahn der Obermühle für den Standort sofort entschieden hat, doch Erbstreitigkeiten, Pacht und Rückpachtverträge führten zu einem Problem mit dem ursprünglichen Standort, so daß ein Ausbau der Mühle nicht in Frage kam - aber unabdingbar war, wollte man am Standort wirklich zeitgemäße Dienstleistungen anbieten. So wurde nicht am alten Standort gebaut, sondern ein wenig abseits auf dem freien Feld ein Mühlenturm errichtet. über fünf Stockwerke errichtete man eine Kunstmühle, die so wohl ihresgleichen in der Gegend sucht. Mag von der Fläche her die Klostermühle die gleichen Fähigkeiten haben oder gehabt haben, so ist es doch die Wasserkraft, welche die Kunstmühle am Standort Obermühle überlegen machte. Denn eine große Kunstmühle hat sich am alten Standort nicht errichten laßen, am Standort Klostermühle war Platz nicht das Problem und das Gebäude dort ist sehr imposant. Doch die Wasserkraft reichte dort nicht aus, diese Anlage so zu betreiben, daß eine große Kunstmühle wie die Klostermühle entsprechend arbeiten konnte. Hier mußte wesentlich häufiger zwischen einzelnen Strecken und Anlagenteilen geschaltet werden, es war nach außage zudem unmöglich, wirklich die komplette Mahlmühle laufen zu laßen, weil die Wasserkraft oft nicht ausreichte, alle Mahlmaschinen zugleich zu betreiben.
Dies war am Standort Obermühle anders, doch hier war der Platz nicht gegeben - so daß der Neubau geschah, indem sich nun eine außergewöhnliche Kunstmühle befindet, die zwei vollständige Strecken enthält und komplett nach Roggen und Weizen getrennt ist.
Es gibt daher keine gemeinsame Renigungßtrecke, sondern eine geteilte Strecke, die zwischen Roggen und Weizen getrennt werden konnte
Daher sind die meisten Reinigungsanlagen doppelt ausgeführt. auch auf dem Mahlboden finden wir doppelte Ausführungen der Walzenstühle, einfach weil man so Roggen und Weizen komplett auf getrennten Anlagenteilen vermahlen konnte, zum Teil zeitgleich.
Auch der liegende Mehlmischer ist getrennt, nach Roggen und nach Weizen, wobei heute viele Mehle nach Kundenwunsch produziert werden, die dann in einem der hängenden Mischer erzeugt und abgepackt werden.
Auch Futterschrot erzeugt die Mühle in unterschiedlichen Qualitäten, welches an Kleinabnehmer abgegeben wird. Die Mühle ist daher in der Region bekannt und der Mühlenladen gut besucht. Im Gegensatz zu anderen Mühlenläden werden auch nur Mühlenprodukte der eigenen Erzeugung abgegeben - eine Besonderheit.
Starten wir daher unseren Rundgang.
Das Alpenvorland ist sehr Wasserreich, so daß wir hier sehr viele Wassermühlen finden können. Kleine Gewässer mit großen Gefällen wechseln sich mit kleineren Flussläufen mit geringeren Gefällestufen ab. Die Obermühle liegt an einem dieser wasserreichen, kleineren Flussläufe - dem Tiefenbach, der später in die Ammer mündet. Hier sind eine große Gefällestufe und das wasserreiche Tiefenbach verantwortlich für die ideale Lage einer guten Wasserrkaftanlage, welche die Obermühle versorgt. Da die Obermühle aber abseits der Wasserrkaftanlage errichtet wurde, wird die Mühle eine kurze Freileitungsstrecke mit Energie versorgt - auch hier wohl einzigartig: mit Gleichspannung!
Denn die historischen Antriebsmaschinen sind alle Gleichstrommotoren, die von einem Gleichstromgenerator des Wasserkraftwerkes versorgt werden.
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Einlaufbauwerk der Wasserkraftanlage. Ein seitliches Überfallwehr führt das Wasser des Tiefenbaches um die Wasserkraftanlage herum ab. Ein automatischer, moderner Rechenreiniger sorgt dafür daß Schwemm- und Schwebstoffe nicht in den Einsaugbereich der Francis-Schachtturbine gelangen. |
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Das Wasserkraftwerk besteht aus einer liegenden Francis Schachtturbine. Von dieser sieht man im Kraftwerksraum nur den Wellendurchbruch und das Knierohr der Wasserableitung. Das Knierohr ist dann an das Saugrohr angeschlossen, welches unter dem Turbinenhaus ins Unterwasser mündet und die Leistung der Turbine steigert. |
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Wir schon eingangs erwähnt, hat die Mühle viele Anlagen doppelt, so daß hier die Roggen und Weizenstrecke auf maschinell voneinander getrennt ist. In anderen Mühlen wurde zeitlich getrennt vermahlen, in Polling ist es parallel möglich. |
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In einem Metallrahmen liegen zwei Trieuertrommeln über einander. Das zu reinigende Getreide fällt in den rotierenden Trommelmantel. Der Mantel ist dicht an dicht mit rundlichen Ausbuchtungen versehen, die die Getreidekörner an der Wand hochnehmen. Runde Fremdsaaten bleiben länger in den Ausbuchtungen, fallen daher später aus den Buchten als die länglichen Getreidekörner. So fallen die runden Fremdsamen in eine Rinne in der Mitte der Trommel und werden so als Fremdgut abgeführt, das Getreide fällt aus den Vertiefungen wieder zurück in die rotierende Trommel, wo es durch die Schräglage dann den Trierer verlässt. |
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Im Hintergrund der Schälmaschine erkennt man den zweiten Aspirateur und beide Schälmaschinen der Mühle sind baugleich. |
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Der Mahlboden, daß Herz jeder Mühle. |
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Am Ende der Walzenstühle steht dann in einer Blechbütte der Schrotgang. Viele Mühlen haben den Steinmalgang nicht aufgegeben, sondern für grobe Vermahlarbeiten der Futtermittelproduktion erhalten. Bestimmte Stoffe, aber auch Fremdsaaten konnten so gesondert zerkleinert werden, wodurch Futtermittel aufgewertet wurden, ohne das die Mehlvermahlung mit diesen Fremdstoffen verunreinigt wurden. Mais, Gerste und Lupinensaaten konnten so als Beispiel getrennt vermählen werden, um dann einer Kraftfuttermischung zugesetzt zu werden, denn eine Mühle war ja nicht nur für die menschliche Mehlversorgung zuständig, sondern auch für die Futtermittelproduktion die erste Anlaufstelle - und ist es heute noch. |
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Der Blick auf den Sichterboden. Ist in der Neuen Mühle Erfurt der große Plansichter schon imposant, so findet man in der Obermühle Polling zwei dieser großen Schwingenden Sichter, die an an Rattanstäben aufgehängt sind. |
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Der Sichter, jedenfalls einer der beiden Baugleichen MIAG Plansichter. |
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Unter dem Sichter befindet sich der Rohrboden, mit den zwei großen Absackbänken, wo die Zwischenprodukte des Sichters, die nicht auf die anderen Walzenstühle verteilt werden, dann in Säcken zwischengelagert werden. Dafür ist auf dem Rohrboden reichlich Raum. Durch entsprechende Klappen und Schieber können Sichterströme direkt auf die Walzenstühle geleitet werden, oder an die Sackansdhlüsse der Absackbänken. Auch hier gibt es wieder zwei Absackbänke, weil es zwei Sichter gibt, aber auch aufgrund der Trennung zwischen Roggen und Weizenverarbeitung. |
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Auf dem Rohrboden finden sich dann auch viele Säcke mit Zwischenprodukten. Hier findet sich neben Mehl auch Gries und Dunst, zum Erzeugen der für Bayern gewünschten Nudel und Knödelteigmischungen, aber auch besondere Produkte zum Erzeugen hochwertiger Vollkornmehle, die Kunden zum Erzeugen von traditionellen Backwaren bevorzugen. |
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Auf den Böden wo mit Säcken hantiert wird und Produkte auch um oder abgefüllt werden, sind in den Dielenboden an zentraler Stelle Sackwaagen eingelassen. An vielen Mühlen waren Sackwaagen anzutreffen, aber zumeist flexibel aufgestellt, und nur an besonderen Stellen in den Boden eingelassen.
Doch in der Obermühle Pollig sind die Sackwaagen direkt an der zentralen Säule des Bodens in den Dielenboden passagenweise eingelassen, so daß dieses Bild beispielhaft ist, weile Sau fallen Böden zu finden ist, außer auf dem Mahlboden. |
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Auf dem Sichterboden zwischen den beiden Plansichtern steht dann die MIAG Giesputzmaschine.
Diese Maschine war in der Weizenfeinmüllerei kaum weg zu denken. Die Sichter arbeiteten daher im Vollastbereich als eigentliche Sichtmaschine, um die Güter der Vermählung zu trennen und damit auch entsprechend sicher weiter zu verteilen oder in Säcken zwischen gelagert abfüllbar zu machen. Hingegen ist die Griesputzmaschine eine Anlage, die erst mit den feineren Produkten der zumeist Weizenvermahlung beaufschlagt wird. |
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Die hängenden Mischer werden dann über obere Einfüllöffnungnen beschickt, die liegenden Mischer haben ebenfalls Öffnungen zum Beschicken, werden aber dann über einen Sammelelevator auf die Kammern des Mischers verteilt. |
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Unter dem Dach befindet sich dann eine Besonderheit. Zunächst war die Annahme, dass es sich bei der Quetsche um eine Einrichtung handelte, den Roggen anzupressen, um den Schmutz aus dem Spalt des Korns zu befreien, daher die Aufstellung in der Reinigung, aber ein Sechskantsichter zum Abscheiden des sogenannten Blaumehls gab es nicht oder gibt es nicht mehr. |
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Auf dem Speicherboden sieht man nun die Produktsäcke. Hier werden die fertigen Produkte abgesackt, verwogen und die Produktsäcke verschlossen. Im Hintergrund sieht man die Trichter und Stutzen der hängenden Mischer, daneben sind die Ausgänge der Sackstutzen des liegenden Mischers, einer für die Weizenkammer und einer für die Roggenakmmer. |
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Der liegende Mischer der Obermühle Polling. |
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Eine Besonderheit ist etwas, was man bei vielen Weizenmühlen findet, aber nur selten so gut zu sehen ist, wie in der Obermühle Polling. Es sind die Auflöset. |
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Auf dem Speicherboden findet man dann auch die Öffnung zum Befüllen der Kundenmischbehälter. Eine einfache Klappe öffnet den Schacht, in den dann die Produkte eingefüllt werden, womit diese dann in den Mischer eingebracht werden, woraus dann eine Homogene Mischung erzeugt wird, die dem Kundenwunsch entspricht. |
Wieder endet ein wunderbarer Rundgang durch eine herrliche Kunstmühle..
Die Mühle weist viele interessante Details auf, die wir im Rahmen des Rundgangs nicht besprechen können, und es ist wunderbar, daß die Anlage noch im Vollbetrieb ist - wenn auch viele Kunden sich durch die günstigen Massenprodukte mehr und mehr von regionalen Produktiosnketten verabschiedet und entfernt haben.
Das Internet ist die Plattform und der regionale Bedarf wird zum Teil nicht mehr wahrgenommen. Doch weder überregionale Großanbieter, noch die Internet Anbieter können auf direkte und gezielte Kundenwünsche eingehen.
Doch die Obermühle als regionaler Anbieter kann es. Sie schließt die Kleinbetriebliche und mittelständige Lücke der regionalen Produktionsketten. Regionale Landwirte beliefern auf kurzen Wegen die Mühle und deren Produkte werden direkt an regionale Abnehmer verkauft. Etwas, was auch in der Mühle St. Johann, der Hagenmühle, der Mühle Knecht, oder der Maiermühle so festzustellen ist.
Viele konnten Kunden gewinnen, doch für einen großzügigen Betrieb reicht es zumeist nicht, sondern oft reicht der Betrieb nur, sich gerade so noch am Leben zu erhalten und oft sind aufgrund dieser Perspektive nachfolgende Generationen nicht mehr bereit, diese Abnagen zu übernehmen. Die Mühlen sterben daher, weil diese es nicht schaffen, trotz Internet, Ihre Potentiale zu erschließen oder neue Kundenkreise zu erschließen.
Trotzdem können sich diese Mühlen noch am Leben erhalten und auch ist eine leichte Kundenzunahme oft zu bemerken, der Markt ist daher stabil - wenn auch nicht üppig. Früher waren die Schweine des Müllers die besten, doch heute ist dies nicht mehr der Fall.
Trotzdem bedanke ich mich bei der Familie Frohnwieser für den tollen Rundgang durch eine wirklich wunderschöne Getreidemühle und ich hoffe, daß diese Mühle auch in weiterer Zukunft, wie die Dekaden zuvor, immer von Generation auf die Nächste Generation fortbesteht und damit in Betrieb erhalten werden kann. So ist dieser Rundgang auch nur ein Blitzlicht, ein Abbild einer bestimmten Zeit und kann zukünftige Veränderungen nicht widerspiegeln. Aber der derzeitige Stand, mit seinen Anlagen und Maschinen ist ein Stand, wie er schon vor Generationen angetroffen werden konnte - der heute noch so in Betrieb ist. Man spürt den Geist der Müllerei und bekommt hier sicherlich Produkte, direkt vom Erzeuger, wie es wohl so kein Naturkostladen oder Reformhaus anbieten könnte - den wo sollte man mehr vom Produkt wissen und näher am Kunden sein, als direkt auf dem Mahlboden, wo das Produkt welches man kauft, erzeugt worden ist?
Eine Frage, die sich die Leser des Rundgangs durchaus stellen dürfen, und vielleicht animiert es, den ein oder anderen, die Mühle zu besuchen, oder Produkte dieser Mühle zu kaufen, um sich von der Qualität zu überzeugen.
Leider verfügt die Mühle über keine eigene Homepage, auf welche ich nun verlinken könnte, für weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten... so bleibt nur, der Blick in die örtlichen Brachenbücher oder Telefonverzeichnisse.
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